Bachelor 1/2024: Globale Perspektiven, lokale Bühne.
Absolvent*innen zeigen ihre Arbeiten in der GAF in Hannover.
Die Bachelor-Absolvent*innen des Studiengangs ‹Visual Journalism and Documentary Photography› befassen sich in dieser Ausstellung in der GAF mit aktuellen Themen. Präzise und fokussiert fotografieren und filmen die Absolvent*innen Themen, die gesellschaftsrelevant und identitätsstiftend sind. Die Ausstellung eröffnet am Abend des 24. Januar und ist bis zum 4. Februar 2024 geöffnet.
In ihrer Arbeit nähert sich Diana Cabrera Rojas Familien, die ihren Lebensunterhalt mit dem Anbau von KoKa-Blättern und der Produktion von Kokain-Basis erarbeiten. Durch ihr Projekt teilt sie einen Einblick in ihre Alltagserfahrungen und versucht, die sozialen Dynamiken und Lebensbedingungen dieser Gemeinschaft darzustellen.
Bernd Kramer untersucht in seiner Arbeit die Perspektive von Menschen, die in Kindheit und Jugend eine hochstrittige Trennung ihrer Eltern miterlebt haben. Dabei porträtiert er betroffene Trennungskinder im Erwachsenenalter. Diese berichten von ihren Trennungsgeschichten und deren Auswirkungen und über die Beziehungen zu ihren Eltern reflektieren.
Das Projekt von Jan Kräutle ist eine visuelle Erkundung von Rissen in der Oberfläche der spätkapitalistischen Stadt. Der Fotograf besuchte dafür Orte in Berlin, an denen sich Menschen Raum angeeignet und neu gestaltet haben. Das Projekt reflektiert Berlins Geschichte von umkämpften Freiräumen und steigenden Mieten.
Durch die Übersiedlung nach Deutschland entwurzelt, begibt sich Wilma Leskowitsch in Ihrer Arbeit auf Spurensuche. Sie rekonstruiert die Vergangenheit auf ihrer Reise durch die ehemaligen Gebiete der Wolgadeutschen Republik. Dabei entdeckt sie in Ujaly, einem kleinen Dorf in Kasachstan, einen wichtigen, doch scheinbar tief verdrängten Teil ihrer eigenen Identität.
Momen Mostafa arbeitet seit 2021 an einer dokumentarischen Porträtreihe über die Perspektiven von Musliminnen in verschiedenen europäischen Ländern. Die Porträtierten diskutieren die Fähigkeit des traditionellen Feminismus, alle Frauen einzubeziehen. Außerdem sprechen sie über ihre Utopien in Bezug auf Geschlechterrollen in säkularen Gesellschaften und im Islam.
Der Dokumentarfilm «Zu Besuch bei Großmutter» erzählt von dem Fischerdorf Trúc Ly in der Provinz Quảng Bình, Việt Nam. Während des Vietnamkrieges wurde das Dorf von der nordvietnamesischen Armee als Umschlagplatz für die Versorgung der Front genutzt. Dadurch wurde Trúc Ly zum Dauerziel der Bomben- und Artillerieangriffe der US-Army. Der Filmemacher Lâm Nguyễn Tiến besucht das Dorf 50 Jahre nach Kriegsende mit seiner Mutter. Gemeinsam mit seiner 95-jährigen Großmutter reflektiert er über das Leben unter Bomben.
In den Achtzigerjahren war die Landeshauptstadt Hannover weit über ihre Grenzen hinaus für ihre Kulinarik bekannt. Etliche vom Guide Michelin mit Sternen ausgezeichnete Restaurants unterstrichen diesen Anspruch. Als Mona Schrader und Tony Hohlfeld 2015 mit gerade einmal Mitte zwanzig das Restaurant «Jante» eröffnen, ist von diesem einstigen Glanz nichts mehr übrig. Doch es dauert kaum ein Jahr, da erstrahlt über dem «Jante» erstmals wieder ein Stern. Der Dokumentarfilm von Philipp von Rössing erzählt die Geschichte der jungen Gastronom*innen. Dabei stellt er die Frage, warum Hannover sich mit der Spitzengastronomie so schwer tut und gibt Einblicke hinter die Kulissen der Sternegastronomie.
Im östlichsten Teil Österreichs sind die Auswirkungen von niedrigem Niederschlag und hoher Temperatur spürbar. Florian Sulzer betrachtet mit seiner Arbeit «Hoda eh wieda Wossa» den Neusiedler See und die Region Seewinkel in einem der trockensten Gebiete Österreichs. Er beleuchetet dabei die Debatte um Lösungen und Zukunftsszenarien.
In der Ausstellung werden die Bachelor-Arbeiten von Studierenden des Studiengangs ‹Visual Journalism and Documentary Photography› der Hochschule Hannover präsentiert. Tobias Eineder, ebenfalls Fotograf, Projektmanager und Lehrbeauftragter, realisiert gemeinsam mit den Absolvent*innen die Umsetzung der Projekte als Ausstellung in der GAF.
Vernissage: Mittwoch, 24. Januar 19 Uhr
Ausstellungszeitraum: 25. Januar – 4. Februar 2024, täglich 12 – 20 Uhr
Ort: GAF – Galerie für Fotografie in der Eisfabrik,
Seilerstr. 15d, 30171 Hannover
Der Eintritt ist frei.
Diana Cabrera Rojas – Los Cocaleros del Caquetá
Die Koka-Kleinbäuer*innen in Kolumbien werden als das schwächste Glied im internationalen Kokainhandel wahrgenommen. Vor mehr als einem Jahr hat sich ihre Situation jedoch problematisch verändert. Der Verkauf der Kokain-Basispaste findet kaum Abnehmer, in verschiedenen Regionen wird bereits von einer Koka-Krise gesprochen. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Einerseits liegt es an der weltweiten Überproduktion von Kokain. Dazu kommt in den Vereinigten Staaten ein Wechsel des Konsums hin zu anderen Substanzen. Andererseits ist von einer Änderung der Drogenpolitik der aktuellen Regierung die Rede. Diese sollte nicht mehr gewaltsam gegen den Koka-Anbau vorgehen, sondern sich auf andere Akteure und Lieferketten des internationalen Drogenhandels konzentrieren, die mit dem Drogenhandel hohe Gewinne erwirtschaften.
Doch wer sind die Menschen und Familien, die hinter den Koka-Bauern und Bäuerinnen stecken und dem Druck der Kartelle standhalten müssen? Welchen Risiken und Gefahren sehen sie sich ausgesetzt und was hat sie dazu bewegt, ihren Lebensunterhalt mit dem Anbau von Koka zu bestreiten? Dies sind einige der Fragen, die die Arbeit von Diana Cabrera Roja begleiten und einen Einblick in den Alltag der Koka-Bauern geben.
Biografie:
Diana Cabrera Rojas ist eine Fotojournalistin aus Kolumbien. Nach dem Abschluss ihres Studiums in Sozialkommunikation und Journalismus im Jahr 2014 migrierte sie nach Deutschland, um 2015 ihr Fotojournalismus Studium an der Hochschule Hannover aufzunehmen. Ihr Fokus liegt auf sozialdokumentarischen Reportagen. Sie interessiert sich für Themen wie Migration und Menschenrechte, besonders im Zusammenhang mit ihrem Heimatland Kolumbien.
Bernd Kramer – Dich kriegen wir auch noch groß
Familiäre Trennungssituationen sind in Deutschland allgegenwärtig. Jedes Jahr sind schätzungsweise rund 200.000 Kinder von der Trennung ihrer Eltern betroffen. Das betrifft sowohl Kinder von von verheirateten als auch von unverheirateten Paaren, Wie sich eine Trennung zum eigenen Kind anfühlt, weiß Bernd Kramer aus eigener Betroffenheit als Trennungsvater. Doch wie ergeht es betroffenen Kindern mit der Trennung ihrer Eltern? Vor allem, wenn sie nicht im Guten abläuft, sondern von vielen Konflikten begleitet wird? Was beschäftigt Kinder in Trennungssituationen und welche Erfahrungen wirken noch jahrelang nach?
In der Arbeit «Dich kriegen wir auch noch groß» wird die Seite der Trennungskinder aus der Perspektive von Betroffenen im Erwachsenenalter beleuchtet, die allesamt in ihrer Kindheit und Jugend eine hochstrittige Trennung ihrer Eltern miterlebt haben. In einem Buch kommen sie zu Wort und geben einen Einblick in ihre Vergangenheit. Sie erzählen von ihren persönlichen Trennungsgeschichten sowie deren Auswirkungen und reflektieren über die Beziehungen zu ihren Eltern.
Biografie:
Eine berufliche Neuorientierung führte Bernd Kramer von der IT-Branche zur Fotografie. 2014 begann er an der Fachhochschule Dortmund ein Fotografie-Studium, welches er 2016 an der Hochschule Hannover im Studiengang Fotojournalismus und Dokumentarfotografie fortsetzte. Im Jahr 2019 absolvierte er bei der Bremer Tageszeitung Weser-Kurier ein Praktikum als Pressefotograf. Die Schwerpunkte in Bernd Kramers fotografischen Arbeiten umfassen Reportagen, Portraits und dokumentarische Projekte, die sich mit gesellschaftlichen, sozialen und familiären Themen auseinandersetzen.
Jan Kräutle – Risse
Das Projekt ist eine visuelle Erkundung der Risse in der Oberfläche der spätkapitalistischen Stadt und der darin entstehenden Freiräume. Jan Kräutle besucht für seine Arbeit Orte, an denen Menschen sich urbane Räume aneignen. Dies geschieht, indem sie Neues in diesen Räumen schaffen, ohne dass Gewinnmaximierung und Konsum im Vordergrund stehen. Dadurch enstehen immer wieder Freiräume, in denen Menschen Platz haben, sich zu entfalten, an der Stadt teilzuhaben und sie zu gestalten. Berlin steht mit seiner Geschichte von umkämpften Freiräumen und explodierenden Mieten als Beispiel für die Diskussion um Urbanen Raum.
Biografie
Jan Kräutle lebt und arbeitet in Berlin. Er macht Porträts, um einfühlsame Geschichten über Menschen und ihre gelebten Erfahrungen in Bildern festzuhalten. Seine Arbeit konzentriert sich hauptsächlich auf Porträts und dokumentarische Praktiken. Er studiert Fotojournalismus und Dokumentarfotografie an der Hochschule Hannover. Zuvor absolvierte er ein Studium der Islamwissenschaft und Politikwissenschaft an der Universität Bamberg.
Wilma Leskowitsch – Мы Ушли / Wir sind fortgegangen
Durch die Übersiedlung nach Deutschland entwurzelt, begibt sich Wilma Leskowitsch in Ihrer Arbeit auf Spurensuche. Sie rekonstruiert die Vergangenheit auf ihrer Reise durch die ehemaligen Gebiete der Wolgadeutschen Republik. Dabei entdeckt sie in Ujaly, einem kleinen Dorf in Kasachstan, einen wichtigen, doch scheinbar tief verdrängten Teil ihrer eigenen Identität.
Biografie
Wilma Leskowitsch, geboren 1988, ist eine deutsche Fotografin und Visual Storytellerin. Sie studierte Fotojournalismus und Dokumentarfotografie an der Universität in Hannover und an der DMJX in Aarhus. Ihre freien fotografischen Arbeiten konzentrieren sich auf die Vielfalt und Komplexität von Geschichten im Zusammenhang mit Migration.
Momen Mostafa – emancipatory or feminist
Seit 2021 arbeitet Momen Mostafa in verschiedenen europäischen Ländern an einer dokumentarischen Porträtreihe über die Perspektiven von Musliminnen auf deren eigene Position in ihrer Religion. Muslimische Aktivistinnen, Professorinnen, Studentinnen, Akademikerinnen, Haus- und Geschäftsfrauen diskutieren zusammen. Dabei hinterfragen sie die Fähigkeit des traditionellen Feminismus, alle Frauen in ihren Kampf für Frauenrechte einzubeziehen. Sie sprechen über ihre Utopien hinsichtlich der Geschlechterrollen in ihrer säkularen Gesellschaft und in dem Islam, an den sie glauben. Ein weiterer Aspekt ist die Frage, warum eine Frau zum Islam konvertieren würde, obwohl Kritiker*innen und Kritiker dem Islam ein frauenfeindliches Bild zuschreiben.
Eine VR-Brille, kombiniert mit Fotografien und Texten, führt zu einem direkten Zugang zu den Protagonistinnen und zu einem besseren Verständnis
Biografie
Momen Mostafa, geboren 1998 in Gizeh, fing 2018 an, «Visual Journalism and Documentary Photography» in Hannover zu studieren. Im Jahr 2022 absolvierte er das internationale Programm am «South Asian Media Institute Pathshala» in Dhaka. Der Fokus in seinen Arbeiten liegt auf der Perspektive von Menschen, die in unterschiedlichen Regionen leben und mit derselben Herausforderung konfrontiert sind.
Lâm Nguyễn Tiến – Zu Besuch bei Großmutter
Das Dorf Trúc Ly in der heutigen Provinz Quảng Bình gehörte während des Vietnamkrieges zu Nordvietnam. Angrenzend an dem Nhật Lệ Fluss liegt neben dem unscheinbaren Fischerdorf auch der Quán Hàu Fähranleger. Dieser wurde von der vietnamesischen Volksarmee genutzt, um Güter, Soldaten und Waffen an die südliche Front zu transportieren. Trúc Ly und die angrenzenden Dörfer am Fluss wurden als Umschlagplätze und Lager von der vietnamesischen Volksarmee genutzt. Somit waren die Dörfer ständige Ziele für die amerikanische Artillerie und ihre Bombenangriffe. Diese hatten die Absicht, die Versorgungslinien der Nordvietnamesen zu unterbrechen.
50 Jahre nach dem Ende des Krieges besucht der Filmemacher Lâm Nguyễn Tiến gemeinsam mit seiner Mutter seine 95 Jahre alte Großmutter in Việt Nam. Bei einem Mittagessen sprechen sie mit ihm über das Dorf, in dem beide aufwuchsen und reflektieren gemeinsam über das Leben und den Alltag unter Bomben.
Biografie
Lâm Nguyễn Tiến ist geboren und aufgewachsen in Việt Nam. Er studierte Multimedia | VR Design an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, anschließend Fotojournalismus und Dokumentarfotografie an der Hochschule Hannover. Während des Fotografiestudiums arbeitete er intensiv mit dem Medium Film. Lâm Nguyễn Tiến schreibt und produziert als freier Filmemacher Dokumentarfilme.
Philipp von Rössing – Jante – als die Sterne zurück nach Hannover kamen
In den Achtzigerjahren war die Landeshauptstadt Hannover weit über ihre Grenzen hinaus auch für ihre Kulinarik bekannt. Etliche vom Guide Michelin mit Sternen ausgezeichnete Restaurants unterstrichen diesen Anspruch. Als Mona Schrader und Tony Hohlfeld 2015 mit gerade einmal Mitte zwanzig das Restaurant «Jante» eröffnen, ist von diesem einstigen Glanz nichts mehr übrig. Doch es dauert kaum ein Jahr, da erstrahlt über dem «Jante» erstmals wieder ein Stern.
Dieser Film erzählt die Geschichte der jungen Gastronomen. Er stellt die Frage, warum Hannover sich mit der Spitzengastronomie so schwertut und gibt Einblicke hinter die Kulissen der Sternegastronomie.
Biografie
Philipp von Rössing lebt mit seiner Familie auf dem Land in Niedersachsen. Nach seinem Praxissemester bei der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung folgten mehrere Jahre als freier Fotograf. Seit 2017 arbeitet Philipp von Rössing als Redakteur beim Deutschen Landwirtschaftsverlag in Hannover.
Florian Sulzer – Hoda eh wieda Wossa
Im östlichsten Teil Österreichs zeigen sich die Auswirkungen niederschlagsarmer und heißer Jahre immer deutlicher. Die Salzlacken im ohnehin trockenen Seewinkel leiden unter einem niedrigen Grundwasserspiegel. Dieser wird durch klimabedingte Extreme und intensiv bewässerte Kulturen in der Landwirtschaft zusätzlich verschärft. Der Neusiedler See, Österreichs größte Seefläche, verzeichnete im Jahr 2022 den niedrigsten Wasserstand seit Aufzeichnungsbeginn. Der Steppensee droht erstmals seit 150 Jahren wieder komplett austrocknen. Eine künstliche Zuleitung soll den Wasserstand des Sees stabilisieren. Doch mögliche Folgen für das sensible Ökosystem wären unabsehbar.
«Hoda eh wieda Wossa» markiert für Florian Sulzer den Beginn einer Langzeitbetrachtung einer der trockensten Regionen Österreichs. Abseits von dystopischen Zukunftsszenarien und vereinfachten menschlichen Lösungsansätzen strebt er einen unaufgeregten Blick auf eine emotional geführte Debatte an.
Biografie
Florian Sulzer arbeitet als Dokumentar- und Porträtfotograf zwischen Graz und Hannover. Im Jahr 2018 begann er sein Studium im Bereich Fotojournalismus und Dokumentarfotografie in Hannover. 2021 absolvierte er ein Praktikum bei der Bremer Tageszeitung Weser-Kurier und 2022 verbrachte er ein Auslandssemester in Dhaka, Bangladesch. Florian Sulzers Arbeits-Schwerpunkt liegt auf Langzeitprojekten, die sich mit dem menschlichen Einfluss auf Klima, Tierwelt und Umwelt auseinandersetzen.
Kontakt:
Ausstellung
Tobias Eineder
tobias.eineder@hs-hannover.de
+49 (0) 511 9296-2345
Presse
Alexandra Gomez
alexandra.gomez@hs-hannover.de
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