Broomberg & Chanarin
Adam Broomberg und Oliver Chanarin sind zwei Künstler, die in London und Berlin leben und arbeiten. Sie sind Professoren für Fotografie an der Hochschule für bildende Künste (HFBK) in Hamburg. Gemeinsam hatten sie zahlreiche Einzelausstellungen, darunter im Hasselblad Center (2017), im Zentrum für zeitgenössische Kunst im Ujazdowski Schloss, Warschau (2015), in der Jumex Foundation, Mexico City (2014) und im Stedelijk Museum, Amsterdam (2006). Sie nahmen auch an internationalen Gruppenausstellungen teil wie der British Art Show 8 (2015 – 2017), „Conflict, Time, Photography“ in der Tate Modern, London und im Museum Folkwang in Essen (2015), der Shanghai Biennale (2014), im Museum of Modern Art, New York (2014), in der Tate Britain (2014) und auf der Gwanju Biennale (2012). Ihre Arbeiten befinden sich in wichtigen öffentlichen und privaten Sammlungen, darunter Tate, MoMA, Yale, Stedelijk, Victoria and Albert Museum, Art Gallery Ontario, Cleveland Museum of Art und das Baltimore Museum of Art. Sie erhielten bedeutende Auszeichnungen wie den ICP Infinity Award (2014) für „Holy Bible“ und den Deutsche Börse Fotopreis (2013) für „War Primer 2“.
Homepage
http://www.broombergchanarin.com
Info
Künstler
[IMAGE MATTERS]
Vortragende, Autoren, Bildautoren
ABSTRACT
Vortrag/Panel
Images in Conflict – Bilder im Konflikt
Never Look at Images Alone
Der Aufstieg des Rechtspopulismus ist nicht die Schuld der Medien, vielmehr haben sich die Wirkstoffe der breiten Koalition, die die populistische Bewegung ausmacht (von Britain First bis zu den Republikanern in den USA), so effektiv im kulturellen Schaffen in all seinen unterschiedlichen und höchst zeitgenössischen Formen ausgebreitet. Der Bereich der Kultur ist jetzt das Schlachtfeld und wir sind alle an der Front.
Wie können wir, als Bild-Erzeuger, Denker und Aktivisten, uns den neuen Einsatzregeln und dem neuen Handlungsdruck anpassen?
Die rechtspopulistische Bewegung hat die Sprache der Avantgarde übernommen, eine Sprache, die immer an die Radikalität der Kunst geglaubt hat, um gesellschaftliche Strukturen tatsächlich zu verändern. Sie hat sie übernommen und für billige, regierungsfeindliche Sprüche benutzt um Stimmen zu bekommen.
Es ist an der Zeit, die Sprache zurück zu erobern, dabei aber niemals ihre Komplexität aufs Spiel zu setzen. So etwas wie eine populistische Linke kann es nicht geben. Das einzige, an dem wir festhalten müssen, ist unser Verständnis für die Komplexität jeder Situation und auch an unserem Sinn für Humor. Das sind die Grundregeln für jedes Bild, das wir machen, für die Wörter, die wir verwenden und für die Plattformen, die wir für die Vertreibung der Bilder nutzen.
Adam Broomberg wird diese Themen anhand einiger Projekte, die Broomberg & Chanarin in den vergangenen 18 Jahren ihrer Zusammenarbeit realisiert haben, erörtern.
ABSTRACT
Buch/Veranstaltung
Nichts als die Wahrheit
Das erste Opfer ist die Wahrheit. Konfliktfotografie als Indikator für ein aufkommendes Verständnis von digitalen Bildern als neuem Medium.
In seiner (erstmals 1955 im Eulenspiegel Verlag) veröffentlichten Kriegsfibel kombinierte der deutsche Dramatiker und Lyriker Bertolt Brecht Pressefotografien aus dänischen und amerikanischen Tageszeitungen und Illustrierten mit kommentierenden Vierzeilern, die er Foto-Epigramme nannte. Die in den 1930er-Jahren im Exil in Dänemark begonnene Arbeit ist sowohl eine kritische Chronik der Ereignisse des Zweiten Weltkriegs als auch eine didaktische Infragestellung der vermeintlichen Wahrhaftigkeit und Eindeutigkeit der Fotografie.
Mit ihrem Künstlerbuch War Primer 2 (erschienen 2011 in limitierter Auflage von 100 Exemplaren bei MACK; Neuauflage 2018) eignen sich Adam Broomberg und Oliver Chanarin Brechts Kriegsfibel an und übersetzen sie in die massenmedial geprägte Zeit des ,war on terror‘. Das Bildmaterial für ihre Intervention und Neuinterpretation finden sie im Internet und montieren es auf die 85 Tafeln der britischen Originalausgabe (War Primer, erschienen 1998 bei Libris). Durch ihre Aneignung wird sowohl Brechts ,Verfremdungseffekt‘ multipliziert als auch die Komplexität der zeitgenössischen Verwendung und Verbreitung von Konfliktbildern thematisiert.
ABSTRACT
Aus dem Buch
Images in Conflict – sichtbar unsichtbar
War Primer 2
Nachdem sie in zahlreichen Konfliktregionen fotojournalistisch tätig waren, nutzen Adam Broomberg und Oliver Chanarin ihre Stationierung mit der britischen Armee in Afghanistan im Juni 2008 für einen kritischen Kommentar zum ,Theater des Krieges‘: Mithilfe der Soldaten transportieren sie eine 50 m lange Rolle Fotopapier in einer versiegelten, lichtbeständigen Box von London an die Frontlinie und zurück. In Situationen, die dem klassischen Abbildungsrepertoire der ereignisbezogenen Reportagefotografie entsprechen würden, setzen sie jeweils 6 m des lichtempfindlichen Papiers für 20 Sekunden der Sonne aus. Die so entstandenen Fotogramme sind abstrakt und suchen die Repräsentation und Narration zu unterlaufen. Mehr Spur als Zeichen, geben sie Raum für eine Auseinandersetzung mit den Rahmenbedingungen und Einschränkungen des ,embedded journalism‘, mit der zweifelhaften Rolle der professionellen Augenzeug*innen und der oft unzulänglichen Darstellung von Kriegs- und Konfliktsituationen.