Nein, Mama und Papa, ich werde keine Ärztin!

Wenn Eltern ihre eigenen Ideale auf ihre Kinder projizieren. Ein Gespräch mit der Autorin Ulrike Bartholomäus. Von Kaja Gerdes

Zu sehen ist Ulrike Bartholomäus. Sie ist eine Frau mittleren Alters mit braunen/kupferfarbenen Haaren. Lächelnd blickt sie in die Kamera. Sie steht vor einer blauen Holzwand, auf der ein paar Handabdrücke mit bunter Farbe zu sehen sind. Ulrike trägt eine weiße Bluse und einen pinken Lippenstift.
Foto: Laurence Chaperon

Unsere Eltern beeinflussen uns ein Leben lang. Von Geburt an prägen sie uns. Anfangs zeigen sie uns die Welt und wir erleben sie zunächst nur so, wie unsere Eltern sie uns präsentieren. Erst nach und nach lernen wir mehr als nur die Welt unserer Eltern kennen. Dabei entwickeln wir eigene Werte und Vorstellungen, die mitunter auch von denen unserer Eltern abweichen. Wieso dadurch Konflikte entstehen, weiß die Wissenschaftsjournalistin Ulrike Bartholomäus

Wieso haben Eltern bestimmte Vorstellungen für das Leben ihrer Kinder und warum kommt es dabei zu Konflikten?

Der Wunsch und die Erwartungen der Eltern können mitunter größer sein, als ihre Möglichkeit, tolerant zu sein. Ob es Konflikte gibt oder nicht, hängt damit zusammen, wie sehr sie von ihren eigenen Idealen abrücken können. Eltern wollen in der Regel, dass ihre Kinder etwas «Vernünftiges» machen. Sie wünschen sich eine sichere Karriere für ihre Kinder. Es kann zu Konflikten kommen, wenn in ihrem Wertesystem Sicherheit eine große Rolle spielt oder versucht wird, die eigenen unerfüllten Wünsche und Träume auf die Kinder zu übertragen.

Was passiert, wenn Eltern versuchen, ihre Kinder in ein von ihnen ausgedachtes Ideal zu drücken?

Die Erwartungen der Familie prägen grundsätzlich unsere Entwicklung. Dieser Druck beeinflusst uns von Anfang an. Die Erwartungen der Familie können zudem als unsichtbarer Motor wirken. Wenn die Erwartungen der Familie so unerreichbar sind, bewirken Niederschläge noch mehr Druck. Wenn man als junger Erwachsener noch nicht so gefestigt in seiner Position ist, so fällt es schwerer, sich zu positionieren.

Der Wunsch und die Erwartungen der Eltern können mitunter größer sein, als ihre Möglichkeit, tolerant zu sein.

Was können Eltern tun, um Kinder nicht unter Druck zu setzen?

Kommt stark darauf an, inwiefern die Eltern merken, dass sie Druck ausüben. Oftmals ist das nämlich unterbewusst. Auch, ob sie ihre eigenen Idealvorstellungen hinterfragen können. Viele Eltern verstehen ihre Erwartungen nicht als Druck, da der ja nicht bei ihnen selbst ankommt. Eltern wollen meist nur das Beste – jedoch ist der ständige Stress, der auf die Kinder ausgeübt wird, kontraproduktiv. Druck wirkt giftig auf die Lernatmosphäre sowie auf die soziale Umgebung. Dadurch wird die eigene Entwicklung eingeschränkt. Eltern haben oftmals Ängste, die sie in Form von Kontrolle auf ihre Kinder übertragen. Ängstliche Eltern erzeugen ängstliche Kinder. 

Wie sollten Eltern mit Fehlern umgehen?

Eltern sollten lernen, mit Scheitern umzugehen. Ich kann nur lernen, gute Entscheidungen zu treffen, wenn ich auch mal schlechte Entscheidungen treffe. Wenn ein Gespräch auf Augenhöhe läuft, dann lassen sich auch vernünftige Lösungen finden. Durch ein sachliches Gespräch wird die Sichtweise der Kinder respektiert, wobei Offenheit und Sicherheit eine sichere Beziehung gewährleisten.