Die Dorfbewohnerin Innocence bring ihren Fleischeinkauf vom Markt nach Hause. Zwei Antilopen und zwei Affen befinden sich in der Schüssel. Letztere gehören in Zentralafrika zur Grundnahrung.

Die unsichtbare Bedrohung: Ein Forschungsprojekt für die frühzeitige Entdeckung von Infektionskrankheiten.

 Der ehemalige Student  Lando Hass besuchte Wissenschaftler*innen in der Zentralafrikanischen Republik. Ihre Arbeit könnte entscheidend dazu beitragen, die Entstehung von Epidemien zu verhindern.

Im Dschungel des Dzanga-Sangha-Nationalparks erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Robert Koch-Instituts (RKI) die Mechanismen von Zoonosen. Das sind Krankheiten wie SARS-CoV-2, AIDS oder Ebola, Malaria, die von Tieren auf Menschen oder von Menschen auf Tiere übertragen werden. Die RKI-Mitarbeiter*innen untersuchen die Krankheiten und Todesursachen von Menschenaffen und anderen Wildtieren. Zudem überwachen sie die Gesundheit der lokalen Bevölkerung.

Rund 70 Prozent der Infektionskrankheiten sind Zoonosen. Jedes Jahr werden durchschnittlich fünf neue Erreger identifiziert, die jeder für sich in der Lage sind, eine Pandemie auszulösen. Die Klimaerwärmung, der Handel mit Wildtieren sowie die Zerstörung natürlicher Ökosysteme für die Viehzucht treiben diese Entwicklung voran. Die Umwandlung von Land in landwirtschaftliche Flächen bedeutet, dass Wildtiere sich den Lebensraum entweder mit domestizierten Tieren teilen oder sich in Städten niederlassen müssen. Es kommt zu einem verstärkten Kontakt zwischen Mensch und Tier, was die Übertragung von Krankheitserregern begünstigt. Durch die Erkennung von Krankheitssymptomen können die Forscher*innen frühzeitig vor Epidemien warnen und diese verhindern.

Dzanga-Sangha-Schutzgebiet, Sangha-Mbaéré, Zentralafrikanische Republik, 08.11.21

Die Zerstörung von Lebensräumen geht oft mit dem Verlust von Biodiversität einher. Eine Verringerung von biologischer Vielfalt kann die Übertragung von Krankheitserregern beschleunigen.

Lastwagen mit Baumstämmen auf der Ladefläche. Mambéré-Kadéï, Zentralafrikanische Republik, 02.11.21

Studien legen nahe, dass Ebola-Ausbrüche in Zentral- und Westafrika mit einem vorangegangenem Verlust von dichtem Wald in enger Verbindung stehen. Wenn ein Ökosystem Arten verliert, die für einen bestimmten Krankheitserreger «inkompetente» oder suboptimale Wirte waren, treten die verbleibenden «kompetenten» Wirte in höherer Dichte auf.

Dzanga-Sangha-Nationalpark, Sangha-Mbaéré, Zentralafrikanische Republik, 05.11.21

Wissenschaftler*innen des Robert-Koch Instituts beobachten regelmäßig drei habituierte Flachlandgorilla-Gruppen im Dzanga-Sangha-Nationalpark.

Doktorand Thais Tombolomako (links) beobachtete Gorillas und erläutert seine Aufzeichnungen nun im Gespräch mit seiner Mentorin Ariane Düx. Dzanga-Sangha-Nationalpark, Sangha-Mbaéré, Zentralafrikanische Republik, 05.11.21

Die Forscher*innnen sammeln monatlich eine Kotbprobe von jedem Gorilla der Gruppe. Erkrankt einer der Primaten, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Erreger auch den Menschen infizieren kann, also zoonotisch ist. Stirbt eines der Tiere nach einer Krankheit, wird es seziert um die Todesursache zu bestimmen und mögliche neue Infektionskrankheiten zu identifizieren. So dienen sie als eine Art Frühwarnungssystem für eine potenziell auch für den Menschen gefährliche Krankheit.

Bayanga, Dzanga-Sangha-Schutzgebiet, Sangha-Mbaéré, Zentralafrikanische Republik, 08.11.21

Die Wissenschaftler*in Yanthe Nobel fängt Fliegen auf den beiden Fleischmärkten von Bayanga und in der Wildnis. Ziel ist es festzustellen, wie viel menschliche DNA in den Fliegen und umgekehrt gefunden wird. So soll bestimmt werden, wie viel Austausch es zwischen menschlichem und tierischem Lebensraum gibt. Denn wo Austausch stattfindet, können Krankheiten übertragen werden.

Bayanga, Dzanga-Sangha-Schutzgebiet, Sangha-Mbaéré, Zentralafrikanische Republik, 09.11.21

In Interviews mit Dorfbewohner*innen von Bayanga versucht die Wissenschaftlerin vom RKI mehr über die lokalen Essgewohnheiten herauszufinden. Sie möchte wissen, wie die Bewohner*innen ihr Fleisch zubereiten, ob kranke oder tot gefundene Tiere gegessen werden, wie erkrankte Nutztiere behandelt werden und was die Bewohner*innen über Zoonosen und deren Übertragung wissen.

Bayanga, Dzanga-Sangha-Schutzgebiet, Sangha-Mbaéré, Zentralafrikanische Republik, 08.11.21

Eine Verkäuferin zerlegt mit einem Messer Fleisch von Wildtieren auf dem Fleischmarkt.

Fliegen fressen Fleisch von der Auslage des Fleischmarktes. Bayanga, Dzanga-Sangha-Schutzgebiet, Sangha-Mbaéré, Zentralafrikanische Republik, 08.11.21

Insekten ernähren sich von Fäkalien, Kadavern, manchmal sogar von lebenden Tieren, sodass sie fast überall DNA sammeln und damit wertvolle Daten für die Wissenschaftler liefern. Wenn Fliegen von erkrankten Tieren gefressen haben, können in ihnen Erreger wie Milzbrand, Triponema, aber auch Viren wie Affenpocken direkt nachgewiesen werden.

Thais Tombolomako bereitet die Analyse einer Probe vor. Bayanga, Dzanga-Sangha-Schutzgebiet, Sangha-Mbaéré, Zentralafrikanische Republik, 10.11.21

Das Feldlabor der Projektgruppe «Epidemiologie hochpathogener Erreger» befindet sich in einer einfachen Holzhütte. Trotzdem können hier sogar PCR-Tests für verschiedene Krankheiten durchgeführt werden.

Thais Tombolomako vor dem Feldlabor der Projektgruppe «Epidemiologie hochpathogener Erreger», Bayanga, Dzanga-Sangha-Schutzgebiet, Sangha-Mbaéré, Zentralafrikanische Republik, 10.11.21