Es menschelt

Die Jagd polarisiert: Manche verstehen sie als eine Notwendigkeit, um geschädigte Ökosysteme zu stabilisieren. Für andere geht es beim Jagen nur um Trophäen, meint auch Felix Kaspar Rosić.

Ausgestopfte Gams im Wohnzimmer eines Jägers neben anderen Wildtieren, darunter Felle von toten Tieren, fotografiert von Felix Kaspar Rosić.

Hinter der Jagd steht ein kapitalistisches Prinzip: Nie zufrieden zu sein und immer mehr zu wollen. Die Trophäenjagd kann als Ausdruck des Egoismus des Menschen gesehen werden. Denn ein Teil der Jägerschaft praktiziert die Trophäenjagd als Hobby, das Fleisch ist gewissermaßen «Beifang». Die Mehrheit der Jäger*innen lehnt eine solche Praxis ab. Die meisten schätzen die Ruhe und das Miteinander mit den Tieren in der Natur. Das Ansitzen habe sogar eine ähnliche Wirkung wie die des Waldbadens. Trotzdem rücken grausame Jagdpraktiken, wie die Hetzjagd, den Jagdsport in ein schlechtes Licht.

Heutzutage können Jagdreisen nach Afrika gebucht werden, bei denen man bequem vom Hochsitz aus vorbestellte Tiere schießen kann. Viele Jäger*innen kritisieren diese kommerzialisierte Form der Jagd und bevorzugen eine waidgerechte Verbundenheit zum Tier.


Ohne Jagd geht es nicht in Deutschland.

Tierpräparatorin Heike Köhler

Der größte Teil der Jägerschaft sieht die Jagd aus verschiedenen Gründen als notwendig an. In erster Linie, um den Bestand von Wildtieren zu regulieren. Die Regulierung ohne Töten wird als unmachbar angesehen: Der Mensch greife mittlerweile derart stark in die Lebensräume der Tiere ein, dass es «kein Zurück mehr» gebe. Außerdem sei das gewonnene Fleisch ein Nahrungsmittel von allerhöchster Qualität. Betont werden auch ethische Grundsätze, wie die Achtung vor dem Tier und das Vermeiden von Leiden.

Tierschutzverbände halten dagegen. «Der Wildtierbestand steigt nicht ohne Jagd» – das Gegenteil sei der Fall: Durch Jagd werden Wildtiere zwar dezimiert, vermehren sich aber auch schneller. Die Wildpopulation sorge eigentlich für ein Gleichgewicht, erst menschliche Einflüsse werfen komplizierte Lebenssysteme aus der Balance. Tierschützer*innen kritisieren auch die brutale Behandlung von Tieren bei der Jagd und den Trophäenkult. Sie bezweifeln, dass es dabei um Erinnerung und Wertschätzung geht.

Neusäß, 01.11.2022

Der Jägereiverband Augsburg e.V. zählt zu den älteren Jagdvereinen Deutschlands. Ihr Vorstand Hans Fürst hat die Jagd von klein auf kennengelernt und setzt sich für den Erhalt der Natur ein. Neben seinem Engagement beim Bund Naturschutz bildet er Jäger*innen aus. Im Theorie-Unterricht für den Jagdschein erlernen seine Schüler die Anatomie heimischer Tiere anhand naturgetreuer Präparate. Diese sind im eigens dafür eingerichteten Raum im Vereinsheim aufgereiht.

Hannover, 09.12.2022;

Baummarder bevorzugen in der freien Wildbahn oft Astgabelungen als Ruheplätze. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass ein Tier in einer so lässigen Position verweilen würde. Es ist üblich, dass Tierpräparate in menschenähnlichen Posen hergestellt werden – obwohl diese selten den natürlichen Verhaltensweisen der Tiere entsprechen.

Klein Dahlum, 18.05.2022;

B. ist Afrika-Fan: In seiner Wohnung trifft Landhausstil auf Kopf-Schulter-Montage verschiedener afrikanischer Tiere, wie diesem Impala. Viele seiner Trophäen wurden unmittelbar im Anschluss an den Abschuss hergestellt und als Ganzes nach Deutschland geschickt. Er mag die Art jedoch nicht, wie in Afrika gearbeitet wird: Zu protzig, zu muskulös – unnatürlich, findet B. Deswegen lässt er oft konservierte Haut zur „Präparatorin seines Vertrauens“ liefern.

Hannover, 11.12.2022;

Ein Frettchen-Züchter fiel auf einer Jagdmesse durch seinen liebevollen Umgang mit seinen pelzigen Schützlingen auf. Besonders Kinder waren fasziniert von den niedlichen Tieren, die aber auch zur Jagd genutzt werden. Die vom Iltis abstammenden Frettchen treiben dabei Kaninchen aus ihren Bauten und damit vor die Flinte.

Hannover, 11.12.2022;

Einige Menschen sind besorgt, dass auf Jagdmessen eine Verherrlichung von Waffen stattfinde. Insbesondere wenn Kinder anwesend sind und das Ausprobieren von Waffen als eine Art Freizeitbeschäftigung betrachtet wird. Andere hingegen sehen es als eine Gelegenheit, ihr Wissen und die Fähigkeiten im Umgang mit Waffen zu verbessern und ein tieferes Verständnis für Jagd und Schießsport zu entwickeln.

Klein Dahlum, 18.05.2022;

Die „Abstellkammer“ eines ehemaligen Großwildjägers. Jagdreisen haben sich über die Jahre stark verändert. Tatsächlich werden heute viele Tiere nur noch für den Abschuss gezüchtet. Dadurch sinken die Kosten der Reiseanbieter, was ihnen höhere Gewinne einbringt. Viele Jagdbegeisterte besinnen sich daraufhin wieder mehr auf die heimische Jagd.

Lesse, 05.05.2022;

Das Wohnzimmer eines Großwildjägers. Auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion sind sie als gefährdete Tierart gelistet. Trotzdem bieten viele Jagdreise-Anbieter immer noch die Möglichkeit an, Giraffen zu jagen. Dabei handelt es sich um ein kostspieliges Unterfangen. Wer sich eine Jagdtrophäe an die Wand hängen will, muss zusätzlich für die Präparation blechen.

Heere, 21.04.2022;

Ein Präparat eines jungen Feldhasen: Sein Fell wird geföhnt und gekämmt, um ihnen wieder eine natürliche Anmutung zu verleihen. Die Präparation eines kleinen Feldhasen kostet etwa 200 Euro. Je nach Größe und Aufwand bei der Präparation kann der Preis jedoch schnell in den vierstelligen Eurobereich steigen.

Heere, 21.04.2022;

Tier-Präparatorin Heike Köhler beim Modellieren eines Feldhasen. Sie übt diesen Beruf seit mehr als 35 Jahren aus und kann sich auch keine andere Arbeit vorstellen. Sie geht selbst zur Jagd. Obwohl es für sie eine lukrative Einnahmequelle darstellt, ist sie selbst kein Fan von „bezahlten“ Jagden. Bei Jagdreisen nach Afrika fehlt ihr der Bezug zu den Tieren.

Heere, 21.04.2022;

Ein Feldhase bekommt ein neues Gesicht. Zur Bestellung lassen sich Präparator*innen oft ein Foto mitgeben. Dann wird besonders auf bestimmte Gesichtszüge geachtet. „Präparatoren müssen mit den Händen sehen können“, so lautet eine Grundregel im Handwerk. Das heißt so viel wie: „Wenn man es nicht sehen kann, muss man es ertasten“.

Heere, 01.06.2022;

Heike Köhlers Werkstatt für Tierpräparation befindet sich im Erdgeschoss eines Fachwerkhauses aus dem 17. Jahrhundert. Ausgestattet mit einem gemütlichen Holzofen und niedrigen Decken. Den Charme des historischen Gebäudes weiß sie zu schätzen, findet es jedoch zu zugig und unpraktisch, um dort wohnen zu wollen.

Hannover, 09.12.2022;

In der Mitte einer der Ausstellungshallen der Messe „Pferd & Jagd“ befand sich ein Bereich mit verschiedenen präparierten Tieren, Stehtischen und Sitzbänken. Eine Begegnungszone für Messebesuchende und Ausstellende. Es wurde der Versuch unternommen, den Bereich möglichst naturnah zu dekorieren.

Schwaben, 01.11.2022;

Hans hat ein Grundstück in der Nähe seines Reviers. Dort steht eine Jagdhütte samt Spielplatz für seine Enkel. Vor Jahren pflanzte er an unterschiedliche Standorte Tannen. Während einer seiner Bäume schon mehrere Meter hoch gewachsen ist, ist ein anderer bei schlechten Bodenbedingungen und Schatten nur wenige Zentimeter groß. Trotzdem sind beide Bäume gesund. Stolz zeigt er seinen Enkelkindern, wie unterschiedlich Bäume wachsen können.


Empfehlungen aus dem Magazin: