Ohne Lernen zum Erfolg?

Wie eine Erziehung ohne Autorität läuft. Von Sarah Schmidt

Foto: Tetyana Chernyavska

Keine Regeln, keine Grenzen, pure Freiheit. Mit diesen Stichworten hebt sich die Antiautoritäre Erziehung von der Masse ab. Doch schaden Eltern mit diesem Erziehungsideal der Zukunft ihrer Kinder? Die ausgelernte Verkäuferin Tomma Fiedler wurde von ihren Eltern mit diesen Erziehungsvorstellungen erzogen und kann heute auf eine sehr lockere Kindheit zurückschauen. Im Interview erzählt die entspannte Ostfriesin nicht nur, wie ihre Erziehung war, sondern auch, welche Vor- und Nachteile sich hier verstecken. 

Wie war deine Kindheit?

Am Anfang war meine Erziehung tatsächlich sehr streng. Meine Eltern waren beide sehr jung und hatten beide noch nicht viel Erfahrung. Über die Jahre hat sich das alles einmal komplett gewendet. Meine Erziehung wurde sehr entspannt und locker. Ich durfte mehr als andere in meinem Alter. Wo die Eltern bei anderen aufgepasst haben, wie zum Beispiel in Geld- oder Bankangelegenheiten, haben mich meine Eltern immer machen lassen, wie ich das wollte.

Hat die Erziehung einen Einfluss auf deine Bildung genommen? 

Ja, ich bin nicht die Beste in der Schule gewesen. Da hätte ich mir tatsächlich gewünscht, dass meine Eltern mir manchmal mehr in den Arsch getreten hätten, weil ich eigentlich nichts für die Schule gemacht habe. Ich könnte mir vorstellen, dass ich schulisch besser gewesen wäre, wenn meine Eltern strenger gewesen wären. Dann hätte ich vielleicht mehr als einen Hauptschulabschluss und hätte eine bessere Ausbildung machen können.

Hattest du im Hauhalt Aufgaben bekommen oder Vorgaben in Bezug auf Sauberkeit und Ordnung?

Nein. Ich musste nicht mal mein Zimmer ordentlich halten, weil meine Eltern oft gesagt haben: „Das ist dein Ding und du musst da deine Freunde reinlassen“.

Im Vergleich zu anderen hab ich relativ jung schon mit Alkohol, Drogen und Sex zu tun gehabt, wo ich lieber ein paar Jahre hätte warten sollen.

Welche Nachteile sowie Vorteile hast du durch deine Erziehung kennengelernt?

Neben dem Vernachlässigen der Schule hab ich einige Sachen einfach zu früh kennengelernt. Im Vergleich zu anderen hab ich relativ jung schon mit Alkohol, Drogen und Sex zu tun gehabt, wo ich lieber ein paar Jahre hätte warten sollen. Aber das Schlechte hat mich auch gestärkt, weil ich so früh ein gutes Selbstbewusstsein bekommen hab. Die Freizeit war ein eindeutiger Pluspunkt. Ich bin sehr offen und spreche gerne, das liegt daran, dass ich halt, seitdem ich 13 Jahre bin, nur noch unterwegs war und viele Menschen kennengelernt habe. Ich konnte früh eigene Entscheidungen treffen und selbstständig werden, da merke ich heute noch, was für einen Vorteil ich dadurch hab.

Wie ist das Verhältnis zwischen dir und deinen Eltern? 

Mega gut! wir verstehen uns super und wir reden über alles. Sie unterstützen mich, wo sie nur können. Auch, wenn die Erziehung sehr locker gehalten ist, kann ich trotzdem immer zu ihnen kommen und auf sie zählen!

Bist du zufrieden mit der Erziehung? 

Ja, bin ich. Meiner Meinung nach ist es besser, die eigenen Kinder laufen zu lassen, weil wenn man ihnen etwas verbietet, dann wollen sie das umso mehr. Man kann dem Nachwuchs besser sagen, was man an seiner Stelle machen würde beziehungsweise was besser wäre, aber trotzdem sollen sie  selber darüber entscheiden können, und am Ende des Tages ist die Selbstständigkeit des Kindes viel besser.


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