Begrüßung zum Symposium

 

image/con/text. Komplementäre Zeugnisse im dokumentarischen Diskurs.

26:18 Min.

Wie gestaltet sich das Verhältnis von Bildern und Texten? Über welche Strategien finden Texte ‚Eingang‘ in Bilder und von welcher Textualität zeugen diese? Inwiefern werden das Verbale und das Visuelle diskursiv und narrativ ‚vernäht‘?

Die Textualität der Fotografie und die damit verbundene Vorstellung, dass Bilder als Texte gelesen werden können, ist bereits seit den 70er/80er Jahren in Praxis und Theorie-Kontexten keine neue Erkenntnis. Doch in aktuellen dokumentarischen Diskursen kommt verstärkt ein Verständnis zum Ausdruck, dass das Verhältnis von visuellen und verbalen Medien als heterogenes Feld repräsentierender Praktiken zu begreifen sucht. Ausgehend von der Verwobenheit von Darstellung und Diskurs und dem Ineinandergreifen von visueller und verbaler Erfahrung, wie es u.a. W.J.T. Mitchell beschrieben hat, verstehen sie das Bild/Text-Verhältnis als eines, in dem sich die Sphären des Les- und Sichtbaren immer schon unvermeidlich vermischen.

In der Kombination verschiedener Formen der Dokumentation und Zeugenschaft setzen aktuelle Projekte daher verstärkt auf Bild/Text-Kombinationen und deren Komplementarität. Dabei reflektieren sie, dass kein Dokument, kein Zeugnis von sich aus unmittelbare Evidenz vermitteln kann, sondern immer auch die Möglichkeit der Fiktion beinhaltet. Jenseits des Anspruchs an eine eindeutige Seh- und Lesbarkeit thematisieren sie ihre eigene Kontextualität als Voraussetzung von Bedeut- und Wirksamkeit. Bedeutung stellt sich für sie über jeden Publikationskontext, mit jeder Rezeption, mit jeder Les- und Sichtart her, ist nicht fix, sondern fluide, zirkuliert und migriert.

Das Symposium ›image/con/text. Komplementäre Zeugnisse im dokumentarischen Diskurs‹ richtet seinen Fokus auf aktuelle Arbeiten, die explizit auf eine Vermischung der Sphären des Les- und Sichtbaren zielen. Hat sich das Verhältnis von Bild und Text im dokumentarischen Diskurs der letzten 10 Jahre tatsächlich verändert? Über die Idee eines Vergleichs der Medien von Bild und Text hinaus möchte das Symposium die Gesamtheit und Komplexität der Relationen von Bild und Text in Projekten insbesondere aus dem Bereich Fotobuch, aber auch im Comic, Film, Multimedia und den Erzählformen des Archivs untersuchen. Ein Hauptaugenmerk gilt dabei der Frage, welche Auswirkungen die ‚Vernähung von Bild und Text‘ auf Konzeptionen von Zeugenschaft und Dokumentarismus hat. Kann die Idee der Komplementarität der Zeugnisse die Kluft zwischen Positionen absolutierter Wahrheit und Relativismus navigieren?