Von Müll zu Mode
In einer Welt, in der Greenwashing und Fast Fashion dominieren, türmen sich auf Mülldeponien Berge von Kleidung, hergestellt unter fragwürdigen Arbeitsbedingungen. Wie wir die Überflussmentalität hinter uns lassen können. – Von Laura Riedner
«Ich finde es schlimm, dass wir in einer Welt leben, in der faire und ökologische Kleidung nicht die Normalität ist», überlegt Ricardo, 26 Jahre alt und Verkäufer der hannoverschen Filiale des Bekleidungsgeschäfts Greenality. Das Geschäft für Fair-Trade- und Eco-Fashion ist ein Unternehmen aus dem fairen Modemarkt und zeigt, dass Mode auch mehr als Fast Fashion à la H&M, Primark und Shein sein kann. Zu Beginn produzierte das Fair-Trade-Unternehmen seine Eigenmarke in Bangladesch unter fairen und kontrollierten Arbeitsbedingungen mit nachhaltig angepflanzter Biobaumwolle.
Heute ist Greenality Händler für diverse nachhaltige und faire Modemarken sowie Lifestyleprodukte. Doch faire und nachhaltige Mode ist immer noch die Ausnahme, selbst in Zeiten der Sensibilisierung für den Klimawandel und zahlreichen Menschenrechtsbewegungen. Viele Modemarken und -händler*innen kommen ihrer gesetzlichen Verpflichtung nicht nach, obwohl sie für die Einhaltung von Menschenrechten innerhalb ihrer Lieferketten verantwortlich sind. Das ergab eine gemeinsame Studie von der Clean Clothes Campaign und Brot für die Welt zu Menschenrechtsverstößen in der Produktion für deutsche Modemarken. Hierzu wurden rund 120.000 Näherinnen von europäischen Lieferanten deutscher Modefirmen befragt. Keiner der Beschäftigen verdient über der EU-Armutsschwelle. Die Arbeiter*innen berichten über Drohungen, Demütigungen und Einschüchterungen am Arbeitsplatz. Die Regeln des nationalen Arbeitsrechtes zu Urlaub, Überstunden und Entlastung werden verletzt. Auch die in kürzester Zeit produzierte Masse an Kleidung stellt ein Problem in der Modeindustrie dar. Laut Greenpeace werden jedes Jahr über 100 Milliarden Kleidungsstücke produziert. Davon landen drei Viertel auf Müllkippen oder werden verbrannt.
Die Hochschule Hannover versucht innerhalb ihres Modedesign-Studiengangs einen bewussteren Umgang mit Mode zu schaffen – vom Design bis zur Produktion. «Jedes Hauptprojekt innerhalb des Studiums hatte die Nachhaltigkeit als Grundgedanken», erklärt die 24-jährige Nathalie, Absolventin im Modedesign. «Wir achteten darauf, welche Materialien verwendet werden, Outfits und Kollektionen wurden geschlechtsneutral gestaltet und Schnitte so entwickelt, dass viele Passformen abgedeckt sind.»
Faire und nachhaltige Mode ist möglich – ob es unser Ideal wird, entscheiden wir selbst. Um wirklich etwas in unserer Modekultur zu verändern, können Konsument*innen bei sich selbst anfangen: Wie viele Kleidungsteile benötige ich eigentlich? Was habe ich ewig nicht mehr getragen und kann ich stattdessen spenden? Wie kann es sein, dass mein T-Shirt nur zwei Euro kostet? Möchte ich lieber einmal teurer kaufen statt dreimal günstig und auf Kosten der Umwelt und anderer Menschen? Welche Second-Hand oder Fair-Trade-Läden gibt es in meiner Stadt? Vielleicht schaffen wir es so, nicht nur unserer Kleidung, sondern auch uns und unserer Welt ein besseres und längeres Leben zu schenken.
Die Illustration wurdeI mit Adobe Firefly erstellt. Prompt: «Collage zwischen Modefabrik in Bangladesh und Upcycling, dunkler Hintergrund»
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Ihre Erfahrungen mit übergriffigen Männern inspirierte die Mode-Studentin Irem zu ihrer Abschlussarbeit. Ein Film von Martin Albermann, Tabea Kerschbaumer, Leon Enrique Montero, Kai Ivo Nolda, Matthias W. Schulz und Saskia Stöhr.
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