Kreative Blockaden: Sie können frustrierend sein – müssen es aber nicht bleiben. Erfahre, warum sie entstehen, was sie dir sagen wollen und wie du Schritt für Schritt wieder in deinen kreativen Flow findest.

glitzernde Wasseroberfläche Foto: Max Schlag

Kreative Blockaden gehören zu den bittersten Momenten im kreativen Schaffen. Das leere Blatt, die Kamera, die stumm bleibt, und der Gedanke: « Bin ich überhaupt gut genug?» Stillstand. Falls es dich beruhigt: Du bist damit nicht alleine. Selbst das Schreiben dieses Ratgebers hat einiges an Überwindung gekostet. Und wenn ich das schaffe, dann schaffst du das auch. Lass uns also gemeinsam schauen, was kreative Blockaden sind und wie wir sie überwinden können. 

Eine kreative Blockade ist mehr als nur ein schlechter Tag. Es ist ein Zustand, in dem du dich leer fühlst, unbeweglich, ohne Richtung. Besonders im künstlerischen Beruf trifft das viele Menschen immer wieder – egal, wie lange sie schon dabei sind. Daher habe ich während des Fotofestivals «Rencontre d´Arles» mehrere Menschen interviewt, die teils schon lange in der Branche arbeiten und mir einige sehr hilfreiche Ratschläge geben konnten.

So zum Beispiel Carlos Rodriguez. Der Professor aus Mexiko-Stadt kennt dieses Gefühl nur zu gut. «Ich dachte früher, das geht irgendwann weg – dass man sich blockiert fühlt. Aber selbst mit 50 kommt es noch vor.» Er sieht das auch bei seinen Student*innen. Besonders dann, wenn Ängste auftauchen, verändern wir plötzlich unsere Pläne. Und genau darin liegt oft das Problem.

Der Fotografieprofessor Carlos Rodriguez Foto: Max Schlag, Carlos Rodriguez, Arles 2025

Ich dachte früher, das geht irgendwann weg – dass man sich blockiert fühlt. Aber selbst mit 50 kommt es noch vor.

Carlos Rodriguez

Denn zu so einer Blockade gehört eine Menge dazu. Der Drang, alles perfekt zu machen, kann den Leistungsdruck manchmal ins Unermessliche treiben. Doch sobald wir beginnen, uns zu viel auf einmal vorzunehmen, kann das schnell zu Überforderung führen.

Hier hilft auch das Vergleichen mit anderen nichts, denn wenn wir abgeschlossene Arbeiten oder nur einen Bruchteil des tatsächlichen Arbeitsaufwandes bei anderen sehen, dann können wir schnell dem Irrtum aufsitzen, den anderen sei es doch so leicht gefallen. Emotionale Belastung spielt ebenfalls eine große Rolle, denn wenn wir uns traurig oder unsicher fühlen, dann kann uns das schnell lähmen.

Strukturen schaffen!

In meinen Gesprächen ist mir aber vor allem eine mögliche Ursache immer wieder über den Weg gelaufen: mangelnde Struktur. Am wichtigsten ist es, gut vorbereitet zu sein, bevor man ein Projekt beginnt. Sich gut zu informieren und einzuarbeiten, dass man so vorbereitet ist, dass man trotzdem straucheln kann.

Auch wenn sich diese Art der Vorbereitung wie ein Käfig anfühlen kann, so ist es viel eher das Rückgrat anstatt ein Käfig, sagt mir Valentina Piccini. Sie arbeitet seit 2013 als Duo mit Jean-Marc Caimi zusammen. Die beiden Dokumentarfotograf*innen haben akzeptiert, dass es immer und immer wieder Phasen gibt, in denen sie die Kreativität verlässt.


Selbstzweifel gehören bei jedem großen Projekt dazu!

Jean-Marc Caimi & Valentina Piccini
Jean-Marc Caimi & Valentina Piccini, Arles 2025 Foto: Max Schlag, Jean-Marc Caimi & Valentina Piccini, Arles 2025

Als Duo hilft ihnen das gegenseitige Motivieren – denn diese Momente der Blockade kommen zum Glück fast nie gleichzeitig vor. Wie schon erwähnt betonen eigentlich alle der Interviewten, wie wichtig eine klare Struktur ist, gerade dann, wenn Inspiration fehlt.

Sofiya Loriashvili, eine 25-jährige Fotografin aus der Ukraine, findet dazu sehr klare Worte: «Struktur ist eine Form der Leidenschaft.» Sie nutzt To-do-Listen, Disziplin und kleine Etappenziele. Selbst wenn man beim Fotografieren frei und chaotisch sein möchte – der Rahmen drumherum gibt Sicherheit. 

Carlos Rodriguez rät seinen Student:innen, große Projekte in überschaubare Aufgaben zu zerlegen. «Erst nur das Cover gestalten. Dann die Typografie. Schritt für Schritt.» Das macht große Projekte weniger bedrohlich und macht dich wieder handlungsfähig. 

Wichtig ist meiner Meinung nach auch, nicht all unseren kreativen Prozessen immer einen Sinn zu geben. Einfach etwas zu tun, ohne es später zu bewerten. Das kann so banal wie ein Spaziergang sein oder Fotos, die man macht, einfach nur, um sie zu machen, nicht etwa, um sie später zu zeigen.

Sofiya Loriashvili, Arles 2025 Foto: Max Schlag, Sofiya Loriashvili, Arles 2025

Warum sollte man sich zwingen, wenn es einfach nicht geht?

Sofia Loriashvili

Sofiya Loriashvili fotografiert aktuell seit drei Monaten nicht. Und das ist okay. «Warum sollte man sich zwingen, wenn es einfach nicht geht?» Sie beschreibt das Leben als Künstlerin so: «Sechs Monate Inspiration, sechs Monate Depression» – ein Satz, den sie vom Professor eines Freundes kennt. Und der ihr hilft, diese Zyklen anzunehmen, statt sie zu bekämpfen.

Auch Jean-Marc & Valentina betonen: «Diese Momente werden immer wieder kommen, es ist keine Krankheit. Man muss sie verstehen und weitermachen.»

Lass uns zusammenfassen, was wir tun können, wenn wir unsere Kreativität brauchen, aber keinen Zugang zu ihr haben:

Tipps und Tricks gegen die Blockade!

1. To-do Listen schreiben, selbst wenn es um kreatives Arbeiten geht!

2. Routinen etablieren und schauen was für dich am besten funktioniert. Wann bin ich am produktivsten und wie teile ich mir am sinnvollsten meine Zeit ein?

3. Zeitlimits setzen, denn oft verbringe ich einen ganzen Tag mit einer kleinen Aufgabe, einfach weil ich die Zeit nicht gut eingeteilt habe. Einen Timer zu stellen kann hier sehr helfen, in einen produktiveren Workflow zu kommen!

4. Richte deinen Fokus auf die Gegenwart! Die Vergangenheit ist vorbei und die Zukunft können wir nicht kontrollieren, sagt mir Carlos Rodriguez

5. Bleib im Austausch mit anderen, denn gemeinsam verzweifelt man oft besser als allein.

6. Setze dir realistische Ziele. Wenn du dein Ziel am Ende nicht erreichen kannst, wirst du nur frustrierter.

Die Vergangenheit ist vorbei und die Zukunft können wir nicht kontrollieren

Carlos Rodriguez

All die hier zitierten Künstler:innen, ob Professor, Duo oder Einzelkämpferin – teilen die gleiche Erfahrung: Blockaden hören nicht einfach auf. Aber du kannst lernen, mit ihnen zu leben, sie zu erkennen und ihnen mit Struktur, Mitgefühl und kleinen Schritten zu begegnen. «Die Zukunft ist ein Kompromiss», sagt Carlos. Und vielleicht ist genau das der Schlüssel: Nicht alles auf einmal wollen. Sondern einen Schritt nach dem anderen gehen.

Ich wünschte, ich hätte das alles genau so vor dem schreiben dieses Ratgebers gewusst, dann wäre es mir mit Sicherheit leichter gefallen!