Polaroid Emulsion: Große Kunst mit wenig Aufwand.
Du bist gelangweilt von deinen Bildern? Hier erfährst du wie du kleine Kunstwerke entstehen lassen kannst!
Fotos: Bahriye Tatli
Bilder zum Anfassen!
Viel zu oft verstauben tolle Bilder auf der Festplatte und werden dort bis auf alle Ewigkeit verbannt. Vielleicht hat man auch alte Familienerinnerungen auf Polaroid herumfliegen, die Oma einmal im Jahr in einem Familienalbum präsentiert. Sich ein paar Fotos herauszusuchen, um diese mit der Polaroid-Emulsionslift-Technik auf ungewöhnliche Weise zu verfremden und neu zu interpretieren, gibt die Möglichkeit, den Fotos neues Leben einzuhauchen.
Das Beste daran: Für diese Technik brauchst du kein professionelles Fotolabor. Mit etwas warmem Wasser, Geduld und Neugier kannst du selbst experimentieren – und deine Bilder auf überraschende Weise verzaubern. Das Ergebnis: organisch verformte, oft träumerisch wirkende Bildkompositionen, die jedes Foto in ein Unikat verwandeln!
Was braucht man dafür?
Für die Emulsionslift-Technik brauchst du kein Fotolabor, oder gar eine teure Ausrüstung. Es reichen schon ein paar einfache Materialien, etwas Zeit und deine Bereitschaft, die Bilder loszulassen, um sie zu verwandeln. Wenn dir ein Polaroid-Bild zu wertvoll ist, kannst du das Bild mit dem Polaroid Lab ausdrucken. So verlierst du das unersetzliche Kindheitsfoto nicht, sollte doch etwas schiefgehen. Denn das kann bei den ersten Malen durchaus passieren, bis du das nötige Feingefühl entwickelt hast!
Du brauchst nicht viel, um gleich loszulegen!
1. Bring Zeit und Geduld mit, denn der Prozess ist zwar einfach, aber nicht immer planbar – gerade das macht ihn aber so spannend!
2. Ein Polaroid-Foto, am besten eines von Polaroid Original (ehemals Impossible)-Kamera oder einen I-Type-/600-Film. Bilder von Instax oder Zink-Druckern eignen sich leider nicht, denn deren Schichten lassen sich nicht ablösen.
3. Eine Schere oder ein Cutter, mit dem du vorsichtig den weißen Rahmen des Polaroids entfernen kannst, um an die Bildschicht zu gelangen.
4. Ein Warmwasserbad, in einer flachen Schale. Etwa 40-50 Grad warmes Wasser löst die Emulsion an.
5. Einen Pinsel oder Fingerspitzengefühl, um die zarte Emulsionshaut zu greifen, zu bewegen oder zu positionieren – ganz wie du möchtest.
6. Ein Papier oder ein anderes Trägermaterial, wie Aquarellpapier eignet sich besonders gut, weil es die nasse Emulsion aufnimmt und die Struktur sichtbar bleibt. Du kannst aber auch auf Glas, Stoff oder Holz experimentieren!
Bei der Polaroid-Emulsionen geht es nicht darum, etwas exakt zu reproduzieren – sondern darum, ein Bild loszulösen und ihm eine neue Form zu verleihen.
Bahriye Tatli
Mit etwas warmem Wasser, Fingerspitzengefühl und Geduld wird aus einem einfachen Sofortbild ein bewegliches Bildobjekt. Die folgenden Schritte zeigen dir, wie du dabei vorgehst – ganz ohne Dunkelkammer, aber mit viel Raum für Zufall und Gestaltung.
Schritt für Schritt zur Emulsion, los gehts!
1. Entferne den Rahmen
Beginne damit, das Polaroid entlang der Ränder vorsichtig mit einer Schere oder einem Cutter vom weißen Rahmen zu befreien. Arbeite langsam – das Bild darunter ist empfindlich. Am Ende sollte nur das rechteckige, glänzende Bildmaterial übrig bleiben.
2. Lege das Bild in warmes Wasser
Fülle eine flache Schale mit fünfzig Grad warmem Wasser und lege das freigelegte Bild hinein. Nach ein paar Minuten löst sich die oberste Plastik-Schutzschicht, die vorsichtig abgezogen werden muss. Darunter liegt die Emulsion, also dein Foto.
3. Löse die Emulsion ab
Nach einigen Minuten beginnt sich die Emulsionsschicht leicht vom Träger zu lösen – meist an den Ecken zuerst. Sobald sich die Ränder abheben, kannst du mit einem Pinsel oder den Fingerspitzen vorsichtig nachhelfen. Ziehe die dünne, gelartige Emulsion langsam ab. Sie ist elastisch und empfindlich, also aufgepasst — Jede Bewegung hinterlässt Spuren, die Teil des späteren Bildes werden!
4. Übertrage die Emulsion auf das neues Material
Platziere nun dein gewähltes Trägermaterial – z. B. Aquarellpapier – unter die schwebende Emulsion. Mit einem feinen Pinsel kannst du die Bildhaut langsam auf der neuen Fläche positionieren. Die Emulsion lässt sich leicht verschieben, verziehen oder verzerren – gestalte sie nach Gefühl!
5. Bringe sie in Form
Sobald das Bild so positioniert ist, wie es dir gefällt, kannst du es vorsichtig aus dem Wasser ziehen. Luftblasen, Falten und Risse sind keine Fehler – sie können als Stilmittel genutzt werden! Wenn die Emulsion an der gewünschten Stelle liegt, kannst du sie vorsichtig mit einem Pinsel oder den Fingern glattstreichen.
6. Trocknen lassen
Lege das fertige Bild an einen ruhigen Ort und lasse es vollständig trocknen. Der Trocknungsprozess dauert je nach Untergrund mehrere Stunden. Danach ist die Emulsion fest mit dem neuen Träger verbunden – und dein Kunstwerk vollendet!
Fotos: Bahriye Tatli
Das Spannende an der Polaroid-Emulsionstechnik ist, dass es keinen Perfektionismus braucht, sondern Neugier. Jedes Bild reagiert anders, jede Bewegung hinterlässt ihre Spuren – genau darin liegt der Reiz. Ob du mit Strukturen spielst, Bilder überlagerst oder sie ganz neu zusammensetzt: Es geht nicht um Kontrolle, sondern um das Loslassen.
Mir persönlich macht diese Technik sehr viel Spaß, da man sich die Zeit nimmt, ein Bild so lange anzugucken und zurechtzupinseln, um es analog zu bearbeiten. Dieses langsame Arbeiten hilft mir, meinen Fotos eine neue Wertigkeit zu verleihen. Ganz fern, vom schnellen Bearbeiten, Exportieren und Abgeben.
Wenn du die Polaroid Emulsion im Rahmen eines Fotoprojekts sehen möchtest, kannst du dir den Artikel «Die Last der Blicke», den Mayla Lüst zu meiner Arbeit «Handle Me Carefully» geschrieben hat, anschauen. Dort spielt die Technik auch inhaltlich eine Rolle.
Also: Schere schnappen, Wasser aufsetzen, dein Bild eintauchen und zusehen, wie aus einem Polaroid ein kleines Kunstwerk wird. Viel Spaß beim Zaubern!