Am Rande des Kugelhagels.Rafael Heygster hinterfragt in seiner Arbeit «I Died 22 Times» den gesellschaftlichen Umgang mit Krieg.
Text: Finn Winkler Fotos: Rafael Heygster
Als er im Internet die neuen Bilder von Len sieht, ist der Student Rafael Heygster überrascht. Stolz posiert sein Freund darauf mit Waffen. Dabei hatten die beiden sich ein paar Jahre zuvor bei einer Exkursion nach Auschwitz kennengelernt. Len suchte dort nach Beweisen für die Ermordung seiner Großmutter. Jetzt spielt er mit seinen Kumpels Krieg. Wie passt das zusammen? Rafael hat ein neues Thema gefunden.
Teil 1: Airsoft-Spiele. Zwar möchte er keine positive Geschichte über das Kriegsspiel erzählen. Genauso wenig sollen seine Protagonisten aber als Nazis oder Rechtsextreme dargestellt werden: «Jeder von uns hat eine destruktive Seite, aber die meisten von uns verbergen sie. Diese Leute sind ehrlicher, sie stehen dazu», findet der Fotograf. Für ihn zeigen seine Bilder einen Vorgang, durch den der Krieg in unserer Gesellschaft konsumierbar gemacht wird. Denn auf den Schlachtfeldern der Airsoft-Spieler gibt es keine verstümmelten Leichen oder tote Zivilisten. Der Krieg wird zu einem spaßigen Räuber–und–Gendarmen– Spiel, der Horror verschwindet.
Teil 2: Waffenmessen. Das Thema Krieg lässt Rafael Heygster nicht mehr los. Um seine Fotoserie zu erweitern, bereist er Waffenmessen in Europa und Asien. Eines der Bilder löst dabei besonders viele Diskussionen aus: Es zeigt junge Waffenverkäufer*innen auf der IDEX in Abu Dhabi. Wie können so junge Menschen bereits mit Waffen handeln? «Das Bild zeigt für mich, dass die politischen Zusammenhänge auf der Welt häufig komplexer sind, als es auf den ersten Blick erscheint», entgegnet der Fotograf. Die Verkäufer*innen stammten aus der Ukraine, einem Land, das sich bereits seit vielen Jahren gegen Russland wehren müsse, so Rafael Heygster.
Mit der Arbeit «I died 22 times» gewinnt er eine Reihe von Preisen, sie wird unzählige Male ausgestellt. «Das Projekt half mir, meine Stimme als Fotograf zu finden», so der 32-Jährige. Seitdem kann er von redaktionellen Aufträgen leben. Häufig arbeitet er für renommierte Medien wie die ZEIT, den Stern oder den SPIEGEL. Auf lange Sicht hofft Rafael Heygster, weiterhin an tiefer gehenden Geschichten arbeiten zu können.
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