Lebensadern des Nordens
Für die Färöer-Inseln ist eine gute Infrastruktur überlebensnotwendig. Doch das zu gewährleisten, ist gar nicht so einfach: Die Landschaften sind zerklüftet, die Wetterbedingungen hart. Der Fotograf Niclas Tiedemann hat sich die Gegend genauer angeschaut.
Die Färöer sind eine abgelegene Inselgruppe im Atlantik, gelegen zwischen Island und Norwegen. Dort leben mittlerweile rund 50.000 Menschen, die es geschafft haben, sich an die schwierigen Wetterbedingungen und die Abgelegenheit anzupassen und sich in jede abgelegene Ecke der 18 Inseln auszubreiten.
Mit dem Einzug der modernen Zeiten und dem Weichen des traditionellen Lebens steht die Gesellschaft jedoch auch hier vor neuen Herausforderungen. Die meisten Färöer arbeiten mittlerweile in der Hauptstadt Tórshavn, aber wie in den meisten Hauptstädten wächst auch hier der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum problematisch. Um für die Arbeit in die Hauptstadt zu gelangen, müssen anspruchsvolle Wege entlang der Fjorde oder zeit- und kostenintensive Strecken per Fähre zurückgelegt werden. Als Lösungsansatz für dieses Problems betrachtet die Regierung eine Überarbeitung des gesamten Verkehrskonzeptes der Inseln. Um Wege auf den Inseln insgesamt zu verkürzen, wurde seit den 60er Jahren ein ambitioniertes Infrastrukturprojekt initiiert, das mithilfe eines Tunnelsystems einen Großteil der Inselgruppen und somit auch die Menschen verbindet.
Gjógv, 19.12.2022
Ediana Hentze steckt mit ihrem Auto im Seitengraben der Straße richtung Gjógv fest. Sie wurde in Brasilien geboren und gehört damit zu einer von vielen Minderheiten auf der Insel. Ihren Ehemann lernte sie kennen, als dieser Urlaub in Brasilien machte. Nach einer Weile entschied sich Ediana, den Schritt zu wagen und auf die Färöer Insel zu ziehen.
Färöer, 14.12.2022
Obwohl die Färöer einen relativ gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr haben, lieben die Färöer ihr eigenes Auto. Eine Redensart über die eigenen Landsleute lautet heute daher: «Wozu braucht er noch einen Regenmantel? Er hat doch ein Auto.»
Gásadalur, 13.12.2022
Der Gásadalurtunnel, der das Dorf Gásadalur mit der Außenwelt verbindet.
Húsavík, Färöer 17.02.2022
Der Ort „Húsavík“ liegt auf der südlichen Insel Sandoy, auf der nur rund 2000 Menschen leben. Archäologischen Untersuchungen nach existiert der „Húsavík“ seit der Wikingerzeit.
Färöer, 14.12.2022
Ein abgelegenes Haus auf der Insel Vágar. Das Haus liegt am Rande von Gásadalur, welches bis zur Eröffnung des Gásadalstunnel eines der isoliertesten Dörfer Europas war.
Färöer 22.12.2022.
Mittagssonne in Richtung Osten.
Färöer 14.12.2022.
Nicht alle Straßen auf den Färöern sind gefahrlos das ganze Jahr befahrbar. Wie diese Passstraße nähe Slættaratindur, dem höchsten Berg der Inseln.
Leynar, 14.12.2022
Ole Jakob Nielsen ist ein Drechselkünstler, der 1967 vom dänischen Festland emigrierte. Seine Werkstatt hat er direkt neben seinem Wohnhaus in Leynar errichtet. Er erinnert sich noch gut daran, wie schwer es war, Besorgungen in der Hauptstadt zu erledigen, bevor «Kollfjarðartunnilin» im Jahre 1992 fertiggestellt wurde. Zwei Jahre zuvor wurde das Auto seiner Frau bei einer solchen Besorgungsfahrt vom Wind erfasst und von der Straße geweht – glücklicherweise wurde dabei niemand ernsthaft verletzt.
Skálavík, 17.12.2022
Mit der zunehmenden Urbanisierung sind die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung auf Sandoy immer weiter zurückgegangen. Das Mølin Guesthouse mit seinem Café ist eine der wenigen Anlaufstellen. Dies hat zur Folge, dass abgelegene Dörfer weniger attraktiv zum Wohnen sind. Der Mangel an Unterhaltungsmöglichkeiten im Dorf hat auch eine weitere Auswirkung: Wenn die Bewohner ausgehen möchten, sind sie aufgrund des Mangels an Rückfahrtmöglichkeiten nach Sandoy oft gezwungen, in Tórshavn zu übernachten. Der sich im Bau befindende Tunnel zwischen Sandoy und Streymoy ist eine willkommene Abhilfe.
Blick auf den Týggjará Wasserfall, 17.12.2022
Dalur, 17.12.2022
Fußball ist die beliebteste Sportart auf den Färöern. Etwa 60 % der Einwohner, die Sport betreiben, spielen Fußball. Das ist auch einer der Gründe dafür, dass es auf allen Teilen der Insel Fußballplätze gibt. In Dalur wohnen jedoch nur 2 Kinder, die den Platz regelmäßig nutzen.
Dalur, 17.12.2022
Dalur ist ein winziges, abgelegenes Dorf auf der Insel Sandoy. Derzeit sind von den 26 Häusern nur 14 bewohnt. Einer dieser Bewohner ist Simon Johannesen, der sich neben seinem Hauptjob auch um die leerstehenden Häuser des Dorfes kümmert. Der Leerstand ist für ausländische Investoren sehr attraktiv, die beispielsweise in ein abgelegenes Ferienhaus investieren möchten. Diese Art von Investition und die damit einhergehende Landflucht der Bewohner wird jedoch als großes Problem betrachtet. Daher wurde kürzlich ein Gesetz verabschiedet, das den Kauf von Immobilien durch Ausländer stark reguliert.
Gjógv, 19.12.2022
Die einzige Straße nach Gjógv. Gjógv ist das färöische Wort für ‹Felsspalte›.
Ein Betrieb in der Nähe des Gamlarætt Fährhafens. Hier ist der Eingang des Tunnels nach Sandoy geplant, 17.02.2022.
Skopun, 18.12.2022
Evindur Kolden lebt in Skopun im Norden von Sandoy. Obwohl die Gegend schon lange besiedelt ist, wurde das Dorf Skopun erst 1833 gegründet. Aufgrund seiner Lage wurde es zum Überqueren des Skopunarfjørður genutzt, der die Hauptinsel und Sandoy voneinander trennt. Evendur nutzt die Fähre mehrfach die Woche, da er viele lukrative Aufträge auf der Hauptinsel findet. Dort parkt er auch sein Auto, um sich die Kosten für den Transport zu sparen.
Runawik, 18.12.2022
Runawik ist eine Ballungsregion, die sich über eine Länge von 10 Kilometern am Ostufer des Skálafjørður-Fjords erstreckt . Mit der Fertigstellung des 11 Kilometer langen Unterwassertunnels, der Ende 2020 eröffnet wurde, hat sich die Fahrzeit zur Hauptstadt von ca. 65 Minuten auf 15 Minuten verkürzt.
Skálafjørður, 12.12.2022
Oyrarbakki, 15.12.2022.
Auf den Färöer-Inseln werden Tankstellen oft auch als Einkaufsmöglichkeiten genutzt, um lange Wege zum Supermarkt zu vermeiden.
Estroy, 20.12.2022.
Emil Poulson ist auf Hasenjagd im Nördlichen Teil der Insel Estroy.
Tórshavn, 12.12.2022
Ein Takeaway-Imbiss in der Hauptstadt. Vor 20 Jahren gab es nur wenige Restaurants in Tórshavn. Mit zunehmendem Tourismus steigt auch die Anzahl der Gaststätten immer weiter an.
Küstenstraße in Richtung Skálavík. Sandoy, 17.02.2022
Eysturoyartunnilin, 12.12.2022
Eysturoyartunnilin ist ein 2020 fertiggestellter unterseeischer Tunnel. Mit einer Gesamtlänge von mehr als 11 Kilometern verbindet er einerseits die beiden größten Inseln der Färöer, Eysturoy und Streymoy. Zu seinen Besonderheiten zählt, dass er in Y-Form gebaut ist und somit nicht nur zwei, sondern drei Einfahrten hat. Er gilt als Touristenmagnet und ist eines der größten Bauwerke der Färöer.
Árnafjarðar, 19.12.2022
Das Tunnelprojekt wird von mehreren norwegischen Unternehmen unterstützt. Oerjan Slinde ist einer der vielen Arbeiter, die am Bau der Tunnel beteiligt sind. Da er aus Norwegen stammt, arbeitet er 11 Tage auf der Insel und fliegt dann für 10 Tage nach Hause. Beim Bau wenden sie die norwegische Art des Tunnelbaus an. Das bedeutet: Kurze bürokratische Wege. Die Arbeiter im Tunnel können die meisten Entscheidungen autonom treffen.
Leynartunnilin, 15.12.2022
Der Leynartunnilin ist einer der ersten Tunnel, die auf den Färöern entstanden. Seit den 60er Jahren sind mehr als 20 Tunnel gebaut worden.
Hvannasund, 20.12.2022
Da es während einer ungewöhnlich langanhaltenden Kältephase zu starken Schneefällen gekommen ist, steckt ein Arbeiter mit seinem Schneeräumfahrzeug im Straßengraben fest. Immer wieder auftretende extreme Wetterereignisse stellen selbst die erfahrenen Färöer vor immer neue Herausforderungen.
Dalur, 17.12.2022
Blick auf das Dorf Dalur, wo der Eingang für den noch in Planung stehenden Tunnel liegt, der die Insel Suðuroy mit der Insel Sandoy verbinden soll. Wenn dieser Tunnel realisiert wird (möglicherweise um 2030), wird es eine direkte Fahrmöglichkeit mit dem Auto vom nördlichsten Ort Viðareiði bis zum südlichsten Ort Sumba geben.
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