Krankenhaus auf Rädern.
Emile Ducke fotografiert in «Diagnosis» die ungewöhnliche Gesundheitsversorgung im russischen Hinterland.
Für sein Auslandssemester verschlägt es Emile Ducke 2016 nach Tomsk, Sibirien. Als er von dem Krankenhauszug «Heiliger Lukas» erfährt, ist der Student aus Hannover sofort begeistert. Zehn Mal im Jahr fährt dieser auf unterschiedlichen Strecken durch Sibirien und bietet der Landbevölkerung medizinische Versorgung.
Doch für den Fotografen aus Deutschland gibt es einen Haken: Eine Fotogenehmigung für den Zug zu bekommen, ist im fernen Sibirien so gut wie unmöglich. «In Russland läuft alles über Moskau», stellt er fest. Als sich nach langem Warten endlich jemand aus der Hauptstadt bei Emile meldet, folgen mühsame Verhandlungen über seine Aufenthaltsdauer im Zug. Am Ende werden ihm neun Tage zugestanden.
Eine Kommilitonin aus Tomsk begleitet ihn und hilft ihm beim Übersetzen. Die beiden bekommen ein Schlafabteil im Röntgenwagon des Zuges zugewiesen. Das bereitet dem Fotografen anfangs Sorgen – er hat eine analoge Mittelformatkamera eingepackt. Emile befürchtet, die Strahlen könnten die Bilder auf den Filmen zerstören. Doch jemand beruhigt ihn, der Zug sei gut genug isoliert.
Während der Reise passt Emile seinen Tagesablauf dem Zug an. Er wacht jeden Tag in den frühen Morgenstunden auf. Als nächstes klopft er an das Abteil seiner Wagonvorsteherin, der «Provodnitsa». Sie muss ihm die Tür aufsperren, damit er nach draußen kann. Dass ihr Gast beim Fotografieren trotz der eisigen Kälte seine Hände nicht schützt, gefällt ihr ganz und gar nicht. Eines Morgens hält sie ihm stolz zwei nagelneue Handschuhe hin: «Ich habe die ganze Nacht daran gestrickt», sagt sie. Die Fingerkuppen hat sie weggelassen, damit Emile seine Kamera bedienen kann.
Draußen vor dem Zug spricht Emile Ducke die wartenden Patient*innen an und fragt, ob er bei ihren Terminen fotografieren darf. Die meisten erlauben das. Nach den neun Tagen reist er die Strecke noch einmal rückwärts entlang und besucht sie zu Hause. Die Menschen empfangen ihn herzlich und viele Familien lassen ihn bei sich übernachten. Für Emile ist es eine intensive Zeit: Er lernt, Brücken zu seinen Protagonistinnen zu bauen und einen ehrlichen Kontakt herzustellen. «Die Menschen warten sehr lange auf einen Arzttermin im Zug. Es ist nicht selbstverständlich, dass sie einen Fremden dabei Fotos machen lassen», so der Fotograf.
Mit seinen Arbeiten aus Sibirien schafft Emile Ducke es, sich ein Profil als Fotograf für entlegene Orte aufzubauen. Er gewinnt den VGH-Preis und den n-ost-Reportagepreis. Seine Bilder erscheinen in internationalen Publikationen wie der Washington Post, National Geographic und dem Spiegel. Für die New York Times reist er immer wieder durch Russland und Osteuropa. 2021 wird er Mitglied der Fotoagentur Ostkreuz in Berlin.
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